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Steuererklärungen der Zusammenhang ist offenkundig:
Es sind die Bürokraten, die das Fugen-s verschwinden
lassen, eines nach dem anderen, so wie es die grauen
Herren in Michael Endes »Momo« mit der Zeit taten. Der
Schwund des Fugenzeichens breitet sich immer weiter
aus, vom Praktikum[s]bericht über den Studium[s]beginn
bis zur Diplom[s]feier, und macht aus
Wohnungssuchenden Wohnungsuchende und aus
Arbeitssuchenden Arbeitsuchende, wenn nicht gar Arbeit
Suchende. Das braucht man allerdings nicht wider-
spruch[s]los hinzunehmen, so wie auch Momo sich den
Diebstahl der Zeit nicht gefallen ließ. Denn sowohl im
Schadensfall als auch beim Vertragsrecht und erst recht
bei der Körperschaftssteuer hat das Fugen-s durchaus
seine Berechtigung. Neben historischen Gründen zählt
nämlich auch die Sprechbarkeit der Wörter.
Dort, wo das Fugen-s unaussprechlich wäre, gehört es
auch nicht hin. Es soll ja die Fuge zwischen zwei
Wörtern glätten, nicht dieselbe zu einer Zungenhürde
machen. Doch sprechen Sie einmal Verwaltunggebäude,
Entwicklunghilfe und Kündigunggrund ohne »s« aus,
und Sie werden feststellen, dass es nicht nur blöde klingt,
sondern auch schwerer zu artikulieren ist. Das Fugen-s
wurde auch deshalb eingefügt, um das Wort leichter über
Zunge und Lippen zu bringen. Eine Aussprachehilfe,
gewissermaßen.
Wer das Gefühl hat, dass bei Wörtern wie Schadener-
satz, Einkommensteuer, Diplomparty und Essenmarke
die Scharniere quietschen, der soll getrost zum
Ölkännchen greifen und ein Fugen-s hineinträufeln. So
wie die Kehle regelmäßig geschmiert werden muss, so
müssen auch manche Wortfugen geschmiert werden,
damit die Sprache nicht ins Stocken gerät.
Ein Versicherungsangestellter, der täglich
»Schadenfälle« und »Schadennummern« bearbeitet,
mutiert irgendwann zum Versicherung-Angestellten, und
ein Unteroffizier, der nicht fähig ist, über den Tellerrand
seiner »Essenmarken«-Vorschrift hinauszublicken, wird
hoffentlich nie einen Offiziersgrad erlangen.
Der Gebrauch des Fugen-s im Überblick Das Fugen-s
steht im Allgemeinen bei Zusammensetzungen mit
Wörtern auf -tum, -fing, -ion, -tät, -heit, -keit, -schaft, -
sicht, -ung:
Altertumsforschung, Frühlingserwachen, Kommunions-
fest, Realitätsverlust, Einheitsfeier, Heiterkeitsanfall,
Eigenschaftswort, Ansichtskarte, Erinnerungsvermögen
bei Zusammensetzungen, deren erster Bestandteil auf -en
endet (substantivierter Infinitiv) Essensreste,
Lebensfreude, Leidensweg, Redensart, Schlafenszeit,
Sehenswürdigkeit, Sterbenswörtchen, Wissenslücke und
daher auch Schadensersatz, aber: Schadenfreude
Das Fugen-s steht im Allgemeinen nicht bei
Zusammensetzungen, deren erster Bestandteil weiblich
ist und nicht auf -ion, -tät, -heit, -keit, -schaft, -sicht, -ung
oder einen Zischlaut endet:
Weltkugel, Nachtzug, Fruchtsaft, Kammerdiener,
Lageplan, Redezeit, Musikzimmer, Naturschutz,
Schurwolle.
Ausnahmen (u.a.):Armut, Hilfe, Liebe, Geschichte,
Weihnachtbei Zusammensetzungen, deren erster
Bestandteil auf -er endet:
Anglerlatein, Bäckermütze, Bohnerwachs, Feierabend,
Folterknecht, Jägerschnitzel, Kellertür, Metzgerladen,
Peterwagen, Räuberhauptmann, Ritterburg,
Steuererklärung, Zigeunerjunge
Ausnahmen: Hungersnot, Henkersmahlzeit, Jägersmann,
Petersberg und ähnliche altertümliche Begriffe bei
Zusammensetzungen, deren erster Bestandteil auf -et
endet:
Hagelschauer, Hebelgesetz, Kabeltrommel, Kegelklub,
Mandelaugen, Nebelhorn, Paddelboot, Pendeluhr,
Wendeltreppe.
Ausnahmen: Engel (z. B. Engelsgesicht), Himmel (z. B.
Himmelstor), Esel (z. B. Eselsohr)
bei Zusammensetzungen, deren erster Bestandteil auf -en
endet und kein substantiviertes Verb ist Bodensatz,
Ebenbild, Gartentor, Nebenstraße, Ladenpassage, Rasen-
fläche, Wagenachse
bei Zusammensetzungen, deren erster Bestandteil mit
einem Zischlaut endet (-sch, -s, -ss, -ß, -st, -tz, -z)
Waschsalon, Preisliste, Hasskappe, Grußkarte,
Lastwagen, Sitzkissen, Putzmittel, Herzkammer
Schwankender Gebrauch des Fugen-s
bei Zusammensetzungen mit -steuer, -straße
Einkommen[s]steuer, Vermögen[s]steuer,
Bahnhoff[s]straße, Frieden[s]-straße
bei Zusammensetzungen mit einem Partizip als zweitem
Bestandteil verfassung[s]gebend, richtung[s]weisend,
krieg[s]führend, staat[s]erhaltend Bestimmungswörter
mit und ohne Fugen-s
Einige Bestimmungswörter erhalten in manchen
Zusammensetzungen ein Fugen-s, andere nicht: Dies ist
dann der Fall, wenn es gilt, zwei Bedeutungen
voneinander abzugrenzen.
Mordsspaß, Mordshunger, Mordsgaudi haben ein
Fugen-s; Mordanschlag, Mordopfer und Mordprozess
nicht. Das Fugen-s dient hier zur Unterscheidung
zwischen dem verstärkenden Präfix und der Bluttat.
Zusammensetzungen mit »Schiff« erhalten ein
Fugen-s, wenn »Schiff« im engeren Sinne als
»Schiffskörper« gemeint ist: Schiffsschraube,
Schiffsrumpf Schiffsmannschaft. Kein Fugen-s steht bei
Zusammensetzungen, wenn »Schiff« im weiteren Sinne
für »Seefahrt« steht: schiffbar, Schiffbruch, Schifffahrt.
Ein Dreieck ist immer ein Dreieck, ob in der
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